Potenziale eines emanzipatorischen Hegemonieprojekts für die sozial-ökologische Transformation im Energiesektor
Neue Studie von communia für die Rosa-Luxemburg-Stiftung
Die derzeitigen Eigentums- und Machtverhältnisse stehen einem Einhalten der 1,5°-Grenze und dem dafür notwendigen Umbau von Energiesektor und Wirtschaft unversöhnlich entgegen. Statt diesen Widerspruch zu lösen, ist die aktuelle Politik in der Regierung und in Teilen der Opposition bestimmt vom Versuch, den Kapitalismus zu retten, indem er „grün“ umgebaut wird. Dabei werden fossile Brückentechnologien“ wie Gas und problematische Ansätze wie CCU/CCS sowie der undifferenzierte Umbau von Gasinfrastruktur für Wasserstoffnutzung mittlerweile konsequent als Teillösungen integriert, da eine umfassendere Transformation ein Infragestellen der Eigentumsordnung erfordern würde. Diesem technikfixierten grün-kapitalistischen Projekt stehen erstarkende reaktionäre und nationalistische Kräfte gegenüber, die den fossilistischen Status quo viel entschiedener verteidigen. Die Dominanz dieser zwei „Lösungswege“ zur Bearbeitung der sozial-ökologischen Vielfachkrise – durch die grün-kapitalistische Modernisierung einerseits und eine völkisch-rassistisch geprägte Verhinderung jeder ökologisch motivierten Transformation andererseits – führt aktuell zu einer beängstigenden Polarisierung („Grüne“ vs. „AfD“). Der Krieg gegen die Ukraine und die dadurch ausgelöste Energiekrise, die heraufbeschworene Blockkonfrontation zwischen dem Westen und China sowie eine zunehmende geopolitische Fokussierung Deutschlands, der EU und anderer auf die imperiale Sicherung von Ressourcen verschärfen diese Polarisierung. Sie alle führen zu einer immer stärkeren Verzahnung von Energie- mit sogenannter Sicherheitspolitik, d. h. mit Aufrüstung und Abschottung.
Vergesellschaftung als Horizont für die sozial-ökologische Transformation
Demgegenüber steht ein sozial und global gerechter, demokratischer und ökologisch konsequenter Umbau von Energieversorgung und Wirtschaft aktuell nicht zur Debatte. Was zum Durchbrechen der destruktiven Polarisierung zwischen kapitalistischem Mainstream und extremer Rechten fehlt, ist ein vereinendes und begeisterndes Gegenprojekt von links. Dieses müsste die Eigentumsfrage als Anker- und
Fluchtpunkt positionieren: Denn erst eine Verschiebung der Eigentumsordnung ermöglicht eine Transformation geleitet von Gemeinwohl- statt Konzerninteressen. Der Vergesellschaftung und Demokratisierung des Energiesektors als Fundament der Wirtschaft wohnen das Potenzial inne, einen wichtigen Bezugspunkt für ein aufzubauendes – und bereits im Entstehen begriffenes – emanzipatorisches Projekt zu bilden. Die Vergesellschaftung des Energiesektors könnte eine bedingungslose und bedarfsgerechte Versorgung mit erneuerbarer Energie für alle sicherstellen, und dadurch Klimagerechtigkeit mit sozialer Sicherheit verbinden.
Studie zeigt Herausforderungen und Potenziale eines emanzipatorischen Projekts auf
Ausgehend von einer historisch-materialistischen Politikanalyse sozial-ökologischer Hegemonieprojekte in Deutschland fragen wir nach den derzeitigen Machtverhältnissen in und zwischen den dominanten widerstreitenden (und in sich widersprüchlichen) Bearbeitungsansätzen sozial-ökologischer Krisen. Ebenfalls fragen wir danach, wie sich zentrale Akteure darin oder dazu verhalten. Dabei geht es uns darum,
die Hürden und Potenziale für ein emanzipatorisches Hegemonieprojekt zu identifizieren. Wir beleuchten die aktuellen Konstellationen und Widersprüchlichkeiten innerhalb und zwischen dem dominanten grün-kapitalistischen Projekt und seinen konservativen und reaktionären Gegenspielern. Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen in den aktuellen Auseinandersetzungen um Energiepolitik bieten Anknüpfungspunkte für ein neu auszuformulierendes emanzipatorisches Gegenprojekt. Ausgehend von dessen aktueller Akteurskonstellation und Verfasstheit diskutieren wir strategische und organisatorische Perspektiven, Potenziale und Hürden für die Formierung eines progressiven gegenhegemonialen Projekts, das sich um den Kern der Eigentumsfrage und der Vergesellschaftung im Energiesektor formieren könnte. Aus unserer Analyse folgt ein Ausblick auf mögliche Akteurskonstellationen und konkrete strategische Perspektiven für ein starkes Projekt, das neue Hoffnung geben kann, indem es einen Ausweg aus der vermeintlich einzigen Wahl zwischen grünem Kapitalismus einerseits und Faschismus andererseits.
Die Studie steht hier kostenfrei zum Download zur Verfügung. Eine gedruckte Ausgabe können wir auf Anfrage ebenfalls anbieten.